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DFA: "Offener Brief" an den Bundeskanzler

Die Deutsche Funk Allianz e.V. (DFA) hat sich in einem "Offenen Brief" an Bundeskanzler Gerhard Schröder gewandt. Die DFA beklagt darin zu lasche Störstrahlungs-Grenzwerte für zukünftige Highspeed-Datenübertragungsverfahren auf Telefon- und Stromleitungen, die u.a. den CB-Funk stören können.

Hier der volle Wortlaut des "Offenen Briefs" der DFA an den Bundeskanzler:


An den
Herrn Bundeskanzler
Gerhard Schröder
Bundeskanzleramt
Adenauerallee 141

53113 Bonn

Kassel, 28.06.99

OFFENER BRIEF

Sehr geehrter Herr Schröder!

Der Bundesminister für Wirtschaft und Technologie veranstaltete am 17.03.99 im Bonner Wirtschaftsministerium eine gesetzlich vorgeschriebene Anhörung zu der geplanten Rechtsverordnung nach § 45 Abs. 1 und 2 des Telekommunikationsgesetzes. Dazu wurde eine Tabelle der zukünftig erlaubten Störstrahlung veröffentlicht, die im Amtsblatt der Regulierungsbehörde für Post und Telekommunikation unter Mitteilung 1/99 nachzulesen ist.

Da die Werte dermaßen hoch sind, wird der CB-Funk unerträglich gestört werden, sodaß sich die Reichweite auf wenige hundert Meter verringern wird. Das kommt einer Enteignung und Unbrauchbarmachung unseres Frequenzbereiches flächendeckend für ganz Deutschland gleich.

Angesichts von über 4 Millionen verkauften CB-Funk-Geräten fordern wir

- die geplanten Werte für die Störstrahlung um mindestens 30 dB abzusenken und

- die datenführenden Strom- und Telefonleitungen in der Zuleitung zu Gebäuden und innerhalb von Gebäuden nur dann zu genehmigen, wenn die Leitungen abgeschirmt sind, wobei wir uns ein Schirmungsmaß von mindestens 90 dB vorstellen.

Die Störungen werden ausgehen von den Stromleitungen, die das Power Line Communication Verfahren (PLC) benutzen und möglicherweise auch von Datenübertragungsverfahren, die die Telefonleitungen mehrfach nutzen (ADSL + T-DSL der Deutschen Telekom AG).

Ferner sind auch die Rundfunk- und Fernsehbereiche betroffen, sofern sie über eine normale Antenne empfangen werden, wie es z.B. bei Autoradios der Fall ist. Da das Wirtschaftsministerium den Rundfunkbereich für nicht schützenswert einstuft, protestieren wir gegen die Diskriminierung von Millionen Radiohörern. Wozu zahlen die Hörer eigentlich Rundfunk- und Fernsehgebühren, wenn die Sender zukünftig nicht mehr zu empfangen sein werden? Hat der Herr Wirtschaftsminister dabei auch an die Millionen Autofahrer gedacht, die täglich auf den Verkehrswarnfunk und auf die Stauhinweise angewiesen sind?

Auch wird der Mobilfunk im Auto durch Stromleitungen gestört werden, die in etwa 1 Meter Tiefe längs der Straße vergraben sind (20-kV-Leitungen). die zu erwartenden Störpegel dürften den Wert von S9 bei weitem überschreiten. Da werden die kommerziellen Funknutzer wie z.B. die Taxifahrer und die Baufirmen darunter leiden.

Da der Bereich von 9 Kilohertz bis 3 Gigahertz freizügig genutzt werden soll für Datenübertragungen (Text der Rechtsverordnung), wird eine Verlegung der Funkfrequenzen in einen anderen Bereich nicht viel bringen.

Warum möchten Sie eigentlich den Sender Mainflingen der Physikalisch Technischen Bundesanstalt auf 77,5 kHz unhörbar machen? Ihr Herr Wirtschaftsminister will auf dieser Frequenz einen extrem hohen Störpegel gestatten, der zur Folge hat, daß die PTB Braunschweig nicht mehr als Normalfrequenzsender zu empfangen sein wird und daß Millionen funkgesteuerter Uhren in Deutschland demnächst falsch gehen werden. Immerhin unterhalten Sie die Bundesanstalt finanziell. Eine Abschaffung der PTB hätte zur Folge, daß es keine amtliche Normalzeit mehr gibt.

Weiterhin weisen wir Sie auf den Kurzwellensender "Deutsche Welle" hin, der das Deutschlandprogramm auf 5 und 11 MHz im auftrage der Bundesregierung abstrahlt und der Dank der hohen zugelassenen Störpegel im Kurzwellenbereich auch nicht mehr zu hören sein wird.

Wir sehen die verfassungsmäßig garantierte Informationsfreiheit (Art. 5 GG) erheblich eingeschränkt und ausgehebelt, weil alle Langwellen-, Mittelwellen- und Kurzwellenbereiche sowie die UKW- und Fernsehbereiche nicht mehr oder nur extrem eingeschränkt zu empfangen sein werden.

Ferner geben wir zu bedenken, daß die riesigen Leitungsnetze der Stromversorger wie großflächige Antennen wirken. Die Störstrahlung ist keineswegs nur lokal anzutreffen, sondern wird auch über die Raumwelle flächendeckend wieder zur Erde zurückkommen, wie es bei normalen Kurzwellensendern der Fall ist. Daher werden in Deutschland erzeugte "Rauschteppiche" den Kurzwellenempfang unserer europäischen Nachbarn empfindlich stören und unbrauchbar machen.

Die sachliche Zuständigkeit zum Erlaß der Rechtsverordnung liegt bei der Bundesregierung nach § 45 Abs. 1 TKG.

Daher bitten wir Sie, den Sachverhalt zu überprüfen und Abhilfe zu schaffen.

Mit freundlichen Grüßen
H. Westermann

Soweit der "Offene Brief" der DFA. Wie bei allen im FM-FUNKMAGAZIN veröffentlichten Dokumenten spiegelt der Inhalt nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wider.

- wolf -

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