Gerichtsurteil: Angst vor Funkwellen berechtigt zur Mietminderung
Im Oktober 1998 berichteten wir über ein Antennenurteil des Amtsgerichts München. Das Gericht urteilte damals, dass eine Mobilfunkantenne auf dem Dach unmittelbar über einer vermieteten Wohnung ist einen Grund zur Mietminderung darstellt.
Jetzt liegen uns weitere Informationen zu diesem Fall vor.
Worum ging es? Ein Hauseigentümer erlaubte es einem Mobilfunkbetreiber, auf dem Flachdach seines Mietshauses eine Mobilfunk-Sende- und Empfangsanlage zu errichten. Die Anlage besteht aus sechs Antennen, die auf vier Antennenträgern montiert sind.
Die Mieter einer Dachwohnung, die sich direkt unter der Antennenanlage befindet, befürchteten Gesundheitsschäden durch die Funkwellen und kürzten deshalb die Miete um 20 Prozent. Der Vermieter war damit nicht einverstanden und klagte auf Zahlung der vollen Miete.
Das Amtsgericht München entschied folgendermaßen: Die Mietminderung ist berechtigt. Es kommt nicht darauf an, ob die Mobilfunkanlage auf dem Dach tatsächlich Gesundheitsschäden verursacht. Allein die Angst der Mieter vor möglichen Gesundheitsschäden ist Grund genug, um die Miete zu kürzen. (Aktenzeichen: 432 C 7381/95)
Hier die wichtigsten Passagen aus der Urteilsbegründung:
Ob die in der Wohnung der Beklagten meßbaren Wirkungen der Anlage der Nebenintervenientin, insbesondere im jahrelangen Dauergebrauch, objektiv negative Auswirkungen auf die Gesundheit der dort wohnenden Personen haben können, ist - wovon sich das Gericht im Laufe des Prozesses überzeugen lassen konnte - umstritten.
So hat auch die Nebenintervenientin eingeräumt, daß Fragen über die biologischen Wirkungen elektromagnetischer Felder und Wellen in der Wissenschaft kontrovers diskutiert werden
(Anmerkung der Redaktion: Mit "Nebenintervenientin" ist der Betreiber der Mobilfunkanlage gemeint.)
Diese Frage kann aber im vorliegenden Prozeß offenbleiben, denn für das Wohlbefinden der Beklagten kommt es nicht auf sofort spürbare Einwirkungen der Antennenanlage an, sondern auf die Furcht vor Gesundheitsschäden, mag diese sich auch später als unbegründet darstellen.
Hier kommt es auf die Sicht eines vernünftigen Mieters an, insbesondere vor dem Hintergrund, daß wiederholt in der Vergangenheit die von neuen technischen Errungenschaften ausgehenden Gefährdungen falsch eingeschätzt wurden, wie beispielsweise beim teilweise routinemäßigen Röntgen von Schwangeren.
Nachdem das Mobilfunknetz relativ jung ist, kann heute noch nichts Endgültiges über Folgen einer langjährigen Dauereinwirkung gesagt werden. Angesichts warnender Stimmen kritischer Wissenschaftler bleiben nicht unvernünftig erscheinende Zweifel.
Diese Furcht stellt eine Beeinträchtigung im Sinne von Par. 537 Abs. 1 BGB dar.
Vermieter und Mieter stehen stehen jedenfalls während eines bestehenden Mietverhältnisses in einem Treueverhältnis zueinander. Ein Mieter hat Anspruch darauf, daß sein Vermieter nicht nachträglich das Anwesen in einer bei Abschluß des Mietvertrages nicht vorhersehbaren Weise nutzt und dem Mieter die Angst aufbürdet, hierdurch (mindestens langfristig) gesundheitlich geschädigt werden können.
(Ende des Zitats)
- wolf -
(C) FM-FUNKMAGAZIN
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