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Bericht aus Bonn: Anhörung zum Frequenzbereichszuweisungsplan

Am 17. März 1999 fand in Bonn eine Anhörung zum Entwurf des neuen Frequenzbereichszuweisungsplans statt (wir berichteten).

Der Frequenzbereichsbereichszuweisungsplan ist für Funkamateure, Kurzwellenhörer und CB-Funker von besonderer Bedeutung, weil darin erstmals auch Regelungen für Highspeed-Datenübertragungsverfahren auf Telefonleitungen (xDSL) und im Stromnetz (PLC) enthalten sind (DSL = Digital Subscriber Line, PLC = Power Line Communication). Bei diesen Verfahren werden die Daten mittels eines Hochfrequenzträgers im Kurzwellenbereich auf Telefon- bzw. Stromleitungen übertragen. Weil solche Leitungen nicht abgeschirmt sind, kann es in deren Nähe zu Störungen anderer Funkanwendungen kommen.

An der Anhörung nahmen 140 Vertreter von 90 Firmen und Organisationen teil. Die Veranstaltung wurde von Ministerialrat Eberhard George geleitet, der im Wirtschaftsministerium für den Frequenzbereichszuweisungsplan zuständig ist. George wies darauf hin, daß es sich lediglich um eine Anhörung handele und nicht um eine Diskussion mit der Behörde. Alle Stellungnahmen würden später ausgewertet.

Zum Themenbereich xDSL und PLC gab es, wie zu erwarten, kontroverse Ansichten: Vertreter von Kabelnetzfirmen und privaten Rundfunksendern forderten niedrige Grenzwerte für die Störstrahlung und eine freizügige Nutzung des gesamten Frequenzspektrums im Kabel ohne Rücksicht auf bestehende Funkanwendungen im Mittel- und Kurzwellenbereich, die dadurch gestört werden könnten. Sie wiesen darauf hin, daß in Kabelnetze bereits 25 Milliarden Mark investiert worden sei und dort ein Umsatz von 5 Milliarden Mark im Jahr erzielt werde. Insgesamt stünden in diesem Marktsegment rund 40 Milliarden Mark auf dem Spiel.

Ein Vertreter der ARD erklärte dagegen, daß durch Störungen, die von xDSL und PLC ausgehen, die Rundfunkversorgung gefährdet werde. Andere Teilnehmer verwiesen darauf, daß es Probleme beim Empfang des Zeitzeichensenders DCF77 und beim Betrieb kommerzieller Funkanwendungen im Kurzwellenbereich geben könne. Pikanterweise wurde auch darauf hingewiesen, daß die Geheimdienste durch den xDSL/PLC-Störnebel massiv in ihrer Abhörtätigkeit gestört werden könnten.

Interessant: Die Energieversorgungsunternehmen (die ebenfalls die neuen Techniken nutzen wollen) vertraten die Ansicht, daß es für die Festlegung von Grenzwerten noch zu früh sei. Erst solle man noch technische Versuche durchführen. Auf jeden Fall dürfe niemand durch die Einführung von xDSL und PLC benachteiligt werden.

Für den Hobbyfunk gab unter anderem die "Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V." (AGZ) ein Statement ab. Ihr Vertreter, Dr. Ralph Schorn, erklärte, daß durch xDSL- und PLC-Störungen der Empfang von Sendungen auf Langwelle, Mittelwelle und Kurzwelle erheblich erschwert werde. Dadurch würde das Grundrecht der Bürger auf Informationsfreiheit verletzt.

Wir bringen dieses Statement der AGZ nachstehend im Original-Wortlaut:

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich spreche für die Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V. Wir vertreten als gemeinnütziger Verein die Interessen von staatlich geprüften Funkamateuren in Deutschland. Ausserdem hat uns die Assoziation Deutschsprachiger DXer e.V. als der größte europäische Kurzwellenhörerverein per Vollmacht mit der Vertretung ihrer Interessen beauftragt.

Ich möchte mich beschränken auf die Kommentierung der vom Bundeswirtschaftsministerium im Rahmen des Entwürfs der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung vorgesehenen Störstrahlungsgrenzwerte für Power Line Communication, die nicht alleine Funkamateure, sondern alle diejenigen Bürger unseres Landes massiv tangieren werden, die ihre persönlichen Informationen mittels Radiowellen, speziell auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle, empfangen möchten.

Unser Grundgesetz gibt in Paragraph 5 jedem Bürger das Recht, sich ungehindert aus allgemein zugänglichen Quellen zu unterrichten. Der Staat hat dabei den Gesetzesauftrag, die von den Vätern des Grundgesetzes verlangte Ungehindertheit des Informationsflusses zu garantieren. Dieser in unserer Rechtsordnung tief verankerte freie Informationszugang ist heute wie früher ohne die Abhängigkeit von Dienstleistern und Providern weltumspannend drahtlos vor allem auf der Kurzwelle möglich. Kurzwellenempfang ist eine allgemein zugängliche Informationsquelle im Sinne von Paragraph 5 unseres Grundgesetzes, meine Damen und Herren!

Nicht ohne Grund ist der demokratisch gewollte Amateurfunkdienst zu diesem Zweck dort angesiedelt und in internationalen Regelwerken zwischenstaatlich garantiert. Und nicht ohne Grund gibt es seit den zwanziger Jahren dieses Jahrhunderts bis heute internationalen Auslandsrundfunk auf Kurzwelle. Pikanterweise senden auch die ARD-Anstalten weiterhin auf Lang- und Mittelwelle teilweise nur dort zu empfangende Programme. So übertraegt der WDR z.B. hier in Bonn die Bundestagsdebatten ausschließlich auf Mittelwelle. Soll dies in Zukunft nicht mehr empfangbar sein, meine Damen und Herren?

Diese rechtsstaatlich verbrieften Grundrechte sind in Gefahr - ein Risiko für den Informationsstandort Deutschland.

Die Faszination der machbaren und preiswerten Übertragungstechnik PLC/xDSL kann nicht der Preis sein, den der Amateurfunkdienst und die Rundfunkhörer für die Preisgabe eines wesentlichen Teils der Informationsfreiheit in Deutschland bezahlen sollen. Das Argument, daß dieser Freiheit durch Satellit und Kabel Genüge getan werde, scheitert letztlich an der freiheitlichen Grundordnung der Bundesrepublik: Überall an den Kopf- und Einspeisestationen entscheiden Provider, Politiker und Landesmedienanstalten darüber, wer wann wo was sehen oder hören darf. Der Bürger wäre dieser Selektion ohne Gegenwehr ausgeliefert, wenn er nicht autark ohne die Nutzung der Ressourcen Dritter Rundfunk direkt empfangen könnte.

In dieser Sicht sind sowohl die Freiheit, weltweit Rundfunksender zu empfangen, als auch die ungehinderte Ausübung des Amateurfunkdienstes gleich zu bewerten: Beide Funkdienste werden bei den exorbitant hohen Störpegeln, die PLC/xDSL auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle zugestanden werden sollen, in Deutschland kaum Teilnehmer mehr haben können; es sei denn, daß alle Senderbetreiber weltweit außerhalb Deutschlands ihre Strahlungspegel um mindestens 20 dB anheben. Das stünde aber in eklatantem Widerspruch zu den Bemühungen aller Gremien, die Senderleistungen im Sinne der Umweltbelastung zu reduzieren.

Wenn die Kommunikations- und Informationsgesellschaft in Deutschland schnelle Übertragungsstrecken braucht, dann sollte sie technisch den einzig sinnvollen Schritt tun und endlich die Glasfasertechnik als Übertragungsmedium zum Endkunden erschließen. Bei allem Verständnis für die Preiswürdigkeit und das Marktpotential von PLC/xDSL und für die Nutzung brachliegender Ressourcen bei den Energieversorgungsleitungen ist der nun aktuell beabsichtigte Versuch, billig und schnell Informationen in die Haushalte zu bekommen, alarmierend. Der Preis in Form des Verlustes der autarken Basis der weltweiten Informationsfreiheit ist uns dafür entschieden zu hoch.

Wir protestieren energisch gegen die vorgesehenen Grenzwerte, in denen wir eine existenzielle Bedrohung des Amateurfunks sehen. Der Gesetzesauftrag, den der Amateurfunk kraft eines eigenen Bundesgesetzes hat, kann nicht mehr ansatzweise mit Leben erfüllt werden, wenn im Umkreis von einigen 100 Metern PLC/xDSL-Techniken unter Ausnutzung der vorgesehenen Störgrenzwerte zum Einsatz kommen. Wir betrachten diese Grenzwerte als eine nicht hinzunehmende Aushöhlung des Amateurfunkgesetzes.

Wir protestieren energisch gegen den Grenzwertentwurf, weil die Rundfunkhörer auf Lang-, Mittel- und Kurzwelle massiv einschränkend betroffen sein werden. Wir möchten mit Nachdruck auf diese fatale Konsequenz hinweisen, die Deutschland nicht gut zu Gesicht stehen wird, da vor allem die bisher frei zugängliche, direkte und autarke Informationsbeschaffung aus internationalen und europäischen Quellen deutlich beschränkt wird. PLC/xDSL wird, wenn die Störgrenzwerte nicht deutlich verschärft werden, dieselbe Wirkung haben wie einst Bodenwellen-Störsender, die im Osten Europas viele Jahrzehnte lang in Großstädten erfolgreich gegen westliche Rundfunk-Auslandsdienste eingesetzt wurden. Wir sehen das Recht auf freie und autarke Informationsbeschaffung im Sinne von Paragraph 5 Grundgesetz ernsthaft in Gefahr, auch und vor allem, was die in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürger betrifft.

Wir fordern daher mit Nachdruck, auch im Namen der Assoziation Deutschsprachiger DXer e.V., die bisher vorgesehenen Grenzwerte der elektrischen Störfeldstärke aufgrund von Informationsübertragung in und entlang von Leitern auf allen Frequenzen, zumindest aber in den Amateurfunk- und Rundfunkbereichen, um mindestens 30 dB gegenüber dem Entwurf der Frequenzbereichszuweisungsplanverordnung herabzusetzen.

Wir haben mit unserer Einschätzung der zu erwartenden Störsituation nicht übertrieben. Sie können bei Interesse bei der Arbeitsgemeinschaft Zukunft Amateurfunkdienst e.V. eine technische Studie dazu abrufen. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Für den CB-Funk waren bei der Anhörung Vertreter des VCBE (Verbund CB-Funk Europa) und des DAKfCBNF anwesend. Wir werden später in einem gesonderten Beitrag darüber berichten.

- wolf -

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